Die Kirche in Motzenrode


Die Gründungszeit Motzenrodes liegt im Dunklen. Erste Rode-Orte (Motzenrode, Hitzelrode, Neuerode...) sind zu Beginn des 9. Jahrhunderts urkundlich belegt. Aber für Motzenrode gibt es keine eindeutigen Belege.

 

Die ersten Namen von Motzenroder Einwohnern begegnen uns im 16. Jahrhundert in Rechnungs-

büchern der v. Boyneburg-Honstein. Seit 1623 wird erwähnt: Ländereien hinter der Kirche des Ortes gelegen.

In der Katastervorbeschreibung von 1746 steht unter § 5: Kirchen und lus patronatus (*) - die Kirche allhier ist ein Fillial von der Mutter Kirche Jestädt, alwo der Prediger 3/4 Stunde von hier wohnet, so einen Sonntag um den anderen hieselbst und dem 2ten Fillial Neuerode predigen muß... Kirchen und freye Kasten Güther, legata und milde Stiftungen befinden sich hier keine.

§ 30: Gantzer Inhalt der Dorffschaft und deren Feldmarckt - das ganze Dorf besteht aus einer kleinen Kirche, 25 Häusern oder Feuerstätten und 1 Hirten Hauß... Zinsen werden u. a. an die Jestädter Pfarre entrichtet. Cassel, den 15ten Maji 1746.

 

Quelle: 700 Jahre Motzenrode, 1291-1991.

(*) lus patronatus: Patronatsrecht, Vorschlagsrecht bei der Besetzung kirchlicher Stellen.


Die kleine Motzenröder Kirche

Wann erstmals in Motzenrode eine Kirche erbaut wurde ist unbekannt. Ein Kirchenbau wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört und ab 1649 notdürftig wieder aufgebaut. Reparaturen erfolgten 1701 und 1717 und 1822. Der Turm und das Kirchen-

innere wurden 1848 erneuert. Das Gestühl teilweise ersetzt und die Kirche mit einem freundlichen Anstrich versehen. Altar und Kanzel wurden durch Geschenke des Gustav-Adolf-Vereins neu bekleidet.

 

Umfangreiche Renovierungen erfolgten nach dem Zweiten Weltkrieg. Dach und Türmchen neu gedeckt. Der Fußboden herausgenommen und der Boden trockengelegt. Erneuert wurde der Fußboden, das Gestühl, der Altar, die Orgel (gründlich überholt) - und 1860 eine neue Treppe zur Empore angeschafft. 1861 wird der Bau einer neuen Orgel beschlossen.

Den Auftrag erhält der Orgelbauer Müller aus Hoheneiche für 250 Thaler.

Am 5. 3. 1889 beschließt der Gemeinderat, den Kirchturm mit Schiefer zu verkleiden. Die Kosten sollen 117 Mark betragen. 1910 wird beschlossen, den Lohn des Lehrers für Kirchendienste von 150 Mark auf 300 Mark pro Jahr zu erhöhen. 1931 - Mittel für neue Kirchenfenster (Buntverglasung) zur Verfügung zu stellen und 1961... zur Kirchenrenovierung zehn Jahre lang 100 DM zu zahlen, wenn sich die Landeskirche mit einer Beihilfe von 2000 DM beteiligt. 

 

Die Hessische Allgemeine Zeitung schreibt 1962:

Das Osterfest ist für die kleine Gemeinde ein Fest der Freude: am zweiten Ostertag werden die Glocken des Kirchleins nach langen Renovierungsarbeiten an der Kirche zum erstenmal wieder die Gläubigen im alten Gotteshaus zusammenrufen. Propst Fuhr (Walburg) wird dabei die Predigt halten... - vorallem durch den Opfersinn der Gemeindeglieder ein neues Geläut mit zwei Glocken angeschafft... - das an der Nordostseite befindliche gotische Fenster wurde verkleinert und das Buntglasfenster herausgenommen und durch antikes Glas ersetzt... - die Gesamtarbeiten sind, wie Pfarrer Weisheit berichtete, mit 7500 DM veranschlagt.

Die letzte umfangreiche Sanierung der Kirche fand in den Jahren 2003/2004 statt.

 

Die Glocken. In Motzenrode haben wir eine Glocke mit der Inschrift: "Hans Heckmann Schult-

heise von Ershausen hat mich gegossen 1511." Die zweite Glocke (1804) hat auch ein wenig bekannter Gießer gegossen: Johann Lorentz Koch aus Mühlhausen. Diese Glocke wurde für Kriegszwecke eingeschmolzen und 1959 durch eine neue Glocke ersetzt.

 

Der Friedhof. Und wie das Leben die Geschichten so schreibt - der alte Friedhof auf dem Kirchengrundstück reichte nicht mehr aus und die Gemeinde stellte ein Grundstück in der Feldflur "Hinter der Kirche" zur Verfügung. Der damalige Lehrer Hesse pflanzte mit seinen Schülern aus Weißdornstecklingen die Umzäunung. Die erste Person, die auf dem neuen Friedhof beerdigt wurde, war Frau Meta Hesse, die Frau des Lehrers. Sie verstarb am 21. Oktober 1898 im Wochenbett. Lehrer Hesse gab seinen Beruf auf und ging nach Amerika.

 

Eine fast schwarze Kanzel

Die Kanzel in Motzenrode ist ein besonders schönes Beispiel der Restauratorenarbeit. Sicherlich ist sie auch nicht ganz unumstritten. Äußerst schlicht im Aussehen. Nahezu frei von Zier- oder Schmuckelementen. Keine überladene Farbgebung, so wie auch der ganze Kirchenraum eher schlicht gehalten ist. Auffallend ist sicherlich: es ist eine dunkle blau-schwarze Kanzel. Und das ist nicht alltäglich.

Glasfenster von Oswald Krause-Rischard

Das Kirchenfenster ist eine stilvolle Ergänzung zum Gesamteindruck der kleinen aber feinen Kirche. Gestaltet hat es der Glaskünstler Oswald Krause-Rischard. Die Glaslinsen im Mittelteil des Fensters bilden das Wort "Hoffnung" und ist in Brailleschrift (Blindenschrift) gesetzt. Eingebaut wurde das Fenster bei der letzten Renovierung im Jahr 2004.

 

 

 

Inschrift im Türsturz

Die Kirchentür ist schlicht gehalten und wäre auch nicht weiter erwähnenswert, wenn es nicht diesen Umstand gäbe. Der Türsturz trägt die Inschrift ANNO+CHRISTI+1786. Dabei sind die Buchstaben N seitenverkehrt gearbeitet. Es gibt auf dieser Seite der Kirche noch einen weiteren Steinblock mit gleicher Inschrift. Dort stimmen aber die Buchstaben. Eine Erklärung dafür gibt es nicht.